Nicolas Cage stürzt in The Surfer kopfüber in Wahnsinn aus Durst und Demütigungen

18.05.2024 - 19:30 UhrVor 4 Tagen aktualisiert
Nicolas Cage in The Surfer
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Nicolas Cage in The Surfer
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Nicolas Cage und eine Spirale des Wahnsinns sind wie füreinander geschaffen. Das stellt der Cannes-Thriller The Surfer mal wieder unter Beweis stellt.

Gebt Nicolas Cage einen Parkplatz und er verwandelt den Asphalt in eine Bühne, die mit Broadway mithalten kann. Wie das aussieht, zeigt der psychologische Thriller The Surfer, der diese Woche beim Filmfestival in Cannes in den Midnight Screenings gezeigt wurde. Cage liefert darin eine Art One-Man-Show der Verzweiflung, Dehydration und maskulinen Komplexe ab, der ein paar Kultfilme als Vorbild dienen.

Nicolas Cage wird in The Surfer von ein paar Dudebros gequält

Besagter australischer Parkplatz brutzelt über einem öffentlichen Strand vor sich hin. Es sieht nicht sonderlich spektakulär aus, aber die angrenzenden Häuser mit Meer- und Beachbum-Blick haben ordentlich an Wert zugelegt. Der in Australien geborene "Surfer" (Nicolas Cage) will eines davon für einen Millionenbetrag erstehen.

Wie weitläufig bekannt ist, erblickte Cage das Licht der Welt etwa einen 15-Stunden-Flug von der australischen Landmasse entfernt. Hinter der Entfremdung vom lokalen Zungenschlag steckt jedoch mehr. Der Surfer hasst seinen Job. Er hat eine Frau, die sich scheiden lässt, und einen Sohn, zu dem er keinen Zugang findet. Und wie ein Surfer sieht er auch nicht aus.

Nicolas Cage in The Surfer

Das Haus auf dem Hügel soll sich als nostalgischer Balsam auf die Wunden der Lebenskrise legen. Als er seinem Sohn das Eden seiner Jugend zeigt, prallt er gegen eine Wand von Muskeln und ausgebleichten Haaren. Es ist eine Kongregation von Patrick Swayzes aus Gefährliche Brandung. Surfer-Bros allererster Güte. Nip/Tuck-Chirurg Julian McMahon gibt ihren hypermaskulinen Ordensführer und ihr Kruzifix ist der gewachste Hartschaum auf der nächsten Welle. Nur Einheimische dürfen an dem Strand surfen, alle anderen kriegen aufs Maul, lautet die Devise. Das will Cages Surfer nicht auf sich sitzen lassen.

Die Tour de Force von Nicolas Cage ist unbedingt sehenswert

Cages Figur könnte einfach davon fahren, aber unter dem Druck der Dudebros zerstäubt die Vernunft im Wind. Also schauen wir große Teile der Spielzeit zu, wie dem Surfer erst das Essen, dann Wasser und zunehmend der Verstand entgleitet, während er versucht, sein Brett zurückzubekommen. Der Strandausflug verwandelt sich in einen paranoiden Albtraum, in dem vom Imbissverkäufer bis zum Cop alle Locals die Wellenreiter-Verschwörung aufrechterhalten.

Julian McMahon und Justin Rosniak in The Surfer

Der psychedelische Thriller von Regisseur Lorcan Finnegan (Vivarium) und Autor Thomas Martin lässt die Stimmung Kultfilme aus den 60ern und 70ern aufleben. Ganz oben auf der Liste steht neben der Burt Lancaster-Fabel Der Schwimmer der australische Klassiker Ferien in der Hölle (1971), in dem ein Lehrer im Strudel barbarischer Trinker-Rituale einer Minenstadt versinkt. Statt Schnaps exen die Surfer abgenutzte Weisheiten über die Krise der modernen Männlichkeit, gegen die nur archaische Härte Linderung verschafft.

Cage reibt sich vor der Kamera auf, schlürft aus Pfützen und wirft mit Ratten um sich. Einmal mehr unterstreicht er seine Fähigkeit, die absurdesten Sätze mit einer solchen Inbrunst auszuspucken, dass man seine Helden selbst in ihren niedersten Momenten respektieren muss (Das Zitat des Films lautet "Iss die Ratte" und es schreit nach einem GIF).

Der restliche Film verkauft den Cage'schen Spiel-Eifer unter Wert und verlegt sich zu stark auf die Hommage. Am Ende obsiegt der Plot über die Manie. Als hätte jemand Angst gehabt, dem Wahnsinn ungeschützt ins Auge zu blicken. Für Nicolas Cages Tour de Force lohnt sich der Abstecher an den Strand aber allemal.

The Surfer wurde im Rahmen der Filmfestspiele von Cannes gezeigt. Einen deutschen Kinostart hat der Film noch nicht.

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